Ein Drucklabor erlaubt die Durchführung biologischer, geologischer, chemischer oder thermodynamischer Experimente in einem Kontrollvolumen, welchem die wesentlichen Umgebungsparameter (Druck, Temperatur, Hydrodynamik und chemisch-thermodynamischer Zustand) der Wassersäule oder der benthischen Bodengrenzschicht (BBL) künstlich aufgeprägt werden. Vorteile gegenüber in-situ-Untersuchungen können sich, je nach Aufgabenstellung, ergeben aus
Mögliche Anwendungsgebiete für Drucklabore sind (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)
Drucklabore können so konstruiert werden, daß dekompressionsfrei gewonnene fluidische und feste Proben ohne Druckverlust -auch während laufender Experimente- in den und aus dem Probenraum transferiert werden können. Die Montage erfolgt fest an Land, auf einem Fahrzeug oder für den mobilen On- und Offshorebetrieb in einem Laborcontainer.
Die Fotos auf dieser Seite bilden Teile des Drucklabors DL2 ab, welches im Rahmen des BMBF-Projektes OMEGA durch Dipl.-Ing. Holger Steffen entwickelt wurde und zur Zeit für das Folgeprojekt COMET-GRAL (Gashydratforschung) und das mit EU-Mitteln geförderte Projekt Carboocean (Kohlendioxidsequestration) am IFM GEOMAR in Kiel im Einsatz ist.
Eine Drucklaboranlage besteht aus einem Hauptdruckbehälter, in welchem die Experimente durchgeführt werden, und einem oder mehreren Nebendruckbehältern, in welchen Fluid vorgehalten wird, welches isobar mit dem Fluid im Hauptdruckbehälter ausgetauscht werden kann, um den chemischen und thermodynamischen Zustand (z.B. Salzgehalt, gelöster Sauerstoff, Methan, Kohlendioxid) zu beeinflussen.
Die Druckbehälter werden entweder aus Titan, Edelstahl (Volumen bis ca. 150 l, max. Betriebsdruck 63 MPa, Photo rechts oben) oder auch aus Glas (Volumen bis ca. 25 l, max. Betriebsdruck 1 MPa, zur Zeit in der Entwicklung, Grafik rechts) gefertigt und sind mit Schnellverschlüssen ausgerüstet. Sie stellen in der Regel eine überwachungsbedürftige Anlage dar und werden durch den TÜV oder den GL zertifiziert, außerdem wird eine Konformitätsbewertung gemäß EU-Richtlinie EG 97-23 durchgeführt. Ab einer gewissen Größe ist es notwendig, daß das Drucklabor durch einen Techniker bedient wird.
Über hydraulische Durchführungen wird Fluid oder Gas ausgetauscht oder werden hydraulische Zylinder im Innenraum betätigt. Bewegungen mit geringem Drehmoment und hoher Drehzahl (Rührer, Pumpen) werden über hermetisch gedichtete Miniaturelektromotoren im Druckbehälter erzeugt. Abgedichtete Wellendurchführungen leiten Stellgrößen mit geringer Drehzahl und hohem Drehmoment in den Innenraum (siehe rechte Abbildung).
Schaugläser ermöglichen die direkte Sicht auf den Versuchsaufbau (siehe Foto rechts: Oberfläche eines Sedimentkernes mit 100 mm Durchmesser, 700 mm unter dem Schauglas), zusätzlich können Miniatur-TV-Kameras positioniert werden. Die elektrische Verbindung in beide Richtungen erfolgt über handelsübliche Unterwasserstecker. Unter Druck zu betätigende Öffnungen bis zu einem Durchmesser von 110 mm erlauben es, Werkzeuge an den Druckbehälter zu koppeln, welche nach Durchführung eines Druckausgleichs im Innenraum bei laufendem Experiment spezielle Aufgaben durchführen oder auch Proben entnehmen. Durch diese Öffnungen können auch Sedimentproben dekompressionsfrei eingeführt werden. Die Öffnungen sind teilweise so angelegt, daß je nach Versuchsaufbau eine flexible Nutzung möglich ist.
Häufig bietet es sich an, die Experimente in einem extra für den jeweiligen Versuch aus Kunststoff (POM, PMMA) und Edelstahl gefertigten Innenaufbaumodul durchzuführen. Drucklaborseitig bietet der Innenraum des Druckbehälters Befestigungsmöglichkeiten für den Versuchsaufbau, TV--Kameras, Sensoren etc.
Darüberhinaus ist eine Vorrichtung zur Erzeugung einer erwünschten Hydrodynamik im Probenraum, welche in der Regel aus einer Pumpe und einem Drehteller besteht, fester Bestandteil des Drucklabors.
Der Außenraum eines Drucklabors enthält zunächst alle für die Handhabung der Druckbehälter notwendigen Kräne und Führungseinrichtungen. Insbesondere, wenn das Labor für den Offshoreeinsatz in einem Seecontainer montiert wird, müssen diese Führungseinrichtungen erhöhten Anforderungen genügen. Ein solcher Laborcontainer wird diesenfalls durch den Germanischen Lloyd zertifiziert. Auch für den gelegentlichen Ortswechsel im Landbetrieb ist die Montage in einem Container, welcher dann auch eine kleine Grundausrüstung eines Chemielabors enthält, sinnvoll. Selbstverständlich kann ein Drucklabor auch stationär in einem Gebäude montiert werden.
Weitere wichtige periphere Ausrüstungsteile sind die Druckerzeugungsanlage und die hydraulische Verschaltung, sowie Kühlungs- und Heizeinrichtungen. Die Regelung der Tiefseeumgebungsparameter findet von einem PC aus statt. Zur Untersuchung instationärer Vorgänge, wie sie sich z.B. beim Absinken von Sediment oder Aufstieg von Methanblasen in der Wassersäule aber auch infolge der Gezeiten darstellen, können zuvor in einer Datei abgelegte Zustände oder analytische Funktionen programmgesteuert durchfahren werden. Die umgebende Infrastruktur sollte für den Betrieb eines Drucklabors idealerweise Drehstrom, Druckluft, Frischwasser und Abwasser bereitstellen.
© 2005 by H. Steffen